2022 - MVP - Seentour...

Der Mecklenburgische Seen-Radweg umfasst eine Strecke von 614 Kilometern und gliedert sich in kontrastreiche Streckenabschnitte. Der Seen-Radweg führt überwiegend an den vielen Gewässern des Landes vorbei und kreuzt wunderschöne Naturschutzgebiete.

Diese Tour ist für Seen-Süchtige genau das Richtige, denn hinter nahezu jeder Kurve plätschert und glitzert es hier. Den Mittelpunkt der Tour bildet Deutschlands größtes Binnengewässer – die Müritz. Am Ostufer des Sees schließen sich Müritz-Nationalpark und Mecklenburgische Kleinseenplatte an.

Da wir in Stralsund gestartet sind, konnten wir noch ein schönes Stück des Ostsee-Küstenradweges genießen. Auch dieser ist sehr zu empfehlen. Wir waren mit An- und Rückreise für die 630 km insgesamt 8 Tage unterwegs, davon 6 1/2 auf dem Sattel.

Viel Spaß beim Lesen...

 

1. Etappe - Stralsund - Freest (64 km)

Der Wecker klingelte um 3:00 Uhr in der Früh, viel zu früh, aber innerhalb weniger Minuten hatte man realisiert, dass es nun endlich los ging. Lange hatten wir geplant und gehofft, das nichts mehr dazwischen kommt. Waren die letzten zwei Jahre doch geprägt von Absagen und Verschieben aufgrund der Pandemie. Und dann planten wir, weil es terminlich nicht anders ging eine Tour Mitte September...

Schnell ins Bad und dann schnell zu Fuß zum vereinbarten Treffpunkt. Die Räder und das Gepäck hatten wir schon am Vortag verladen. Es war ziemlich kühl und die kurzen Radhosen waren mehr als mutig. Nach kurzem Briefing stiegen wir ins Auto und fuhren über die menschenleere Autobahn zum Mainzer Hauptbahnhof. Immer wieder die bange Frage, kommen die Züge? Und wenn ja pünktlich? Schaffen wir den Anschluss? Zu oft waren wir die letzten Jahre von der deutschen Bahn enttäuscht worden. Doch heute sollte es funktionieren. Mit dem ICE fuhren wir zunächst bis nach Hamburg. Geplante Fahrzeit fast fünf Stunden. Genug Zeit um noch ein wenig Schlaf nachzuholen und die Tour zu besprechen.

Nach ein paar Stunden Fahrzeit fing es an zu regnen und die Aussichten sahen für diesen Tag auch keine Besserung. Schade, wollten wir doch die Ostsee und den Radweg gerne bei Sonnenschein begrüßen. Aber wir ließen uns nicht entmutigen, wir konnten es sowieso nicht ändern.

In Hamburg hatten wir regulär 50 Minuten Aufenthalt, also genug Zeit um einen kleinen Imbiss zu besorgen, schließlich war es ja auch schon Mittagszeit. Mit dem Essen mussten wir uns nicht beeilen, denn auf die Deutsche Bahn ist Verlass, Mit süffisantem Unterton kündigte die Lautsprecheransage unseren Anschlusszug mit etwa 50 Minuten Verspätung an. Super! Ein Bahnsteigwechsel, zum Glück nur von Gleis 2 auf Gleis 20, wurde uns dann auch noch auf den letzten Drücker erst beim Einfahren des Zuges gemeldet. Thank you for travelling with Deutsche Bahn!

Als wir dann mit einer Stunde Verspätung um 15:30 Uhr in Stralsund eintrafen, wurden wir aber wenigstens mit strahlenblauem Himmel und Sonne begrüßt. Euphorisch luden wir die Räder aus, packten die Satteltaschen dran und fuhren gutgelaunt aus dem Bahnhof. Schon auf den ersten Metern stellte sich heraus, dass es für kurze Hosen, dünne Jacken und halbe Handschuhe zu kalt war. Also schnell rechts ran und wechseln.

Dann ging es aber endlich los und wir radelten durch Stralsund auf der Suche nach dem Radweg. Schnell waren wir auf der richtigen Strecke und gaben Gas. Wir hatten für den ersten Abend bereits von zu Hause aus eine Unterkunft gebucht und die wollten wir, wenn möglich, noch bei Tageslicht erreichen. Es ging vorbei an der Marienkirche in schönem, roten Backsteinkleid und dann Richtung Greifswald. Wir ließen die Störtebecker Braumanufaktur links liegen, was uns, angesichts der wirklich hervorragenden Biere, doch einiges an Überwindung kostete. Vielleicht gab es ja bei einer kleinen Pause ein Gerste-Hilfe-Set?

Vorbei an der Halbinsel Devin zog sich der Radweg recht gerade immer am Wasser, aber mit deutlichem Abstand davon, nach Brandhagen und dann über Rheinberg und Mesekenhagen bis nach Neuenkirchen. Die Radwege verliefen meist neben oder auf den wenig befahrenen Straßen. Das machte eigentlich auch keinen Unterschied, denn beides bestand aus Kopfsteinpflaster. Eine Belastung für unsere voll bepackten Räder und für uns natürlich auch.

Das besserte sich in Neuenkirchen und wir konnten endlich die schönen Reetgedeckten Häuser und gepflegten Straßen bewundern. Schnell waren wir dann in Greifswald angekommen und fuhren vorbei am Hafen und über die Brücke zum Marktplatz. Dort war gerade ein Fest mit Blasmusik und vielen Ständen, also nutzen wir die Gelegenheit für eine kleine Stärkung. Ein freier Platz in Front des Brauhauses bot sich an und so kamen wir doch noch zu unserem Störtebecker.

Die tiefstehende Sonne mahnte uns zum Aufbruch, wir hatten ja noch die Hälfte des Weges vor uns. Also verließen wir Greifswald und radelten vorbei an der schönen Bockwindmühle und in Sichtweite der Dänischen Wiek weiter über Kemniz, Neuendorf und Brünzow bis nach Lubmin. Ab Neuendorf verzichteten wir auf den Radweg, der uns weitere 15 Zusatzkilometer gebracht hätte. Also ging es mit Tempo über die Bundesstraße. Das war keine gute Idee, aber die Sonne ging schon langsam unter und wir mussten uns beeilen. Nach Lubin, ging es dann auf unbefestigten Radwegen immer am Wald entlang bis zu einem Industriegebiet, daran vorbei und dann über Spandowerhagen bis nach Freest. Geschafft.

Dachten wir!

Hätten wir nur im entferntesten geahnt, was uns nun erwartete, wäre die Plackerei über die Bundesstraße nicht notwendig gewesen. Wir hätten in aller Seelenruhe in Greifswald Quartier bezogen und noch ein paar Sorten Störtebecker gekostet. Doch nun weiter: Nachdem wir unsere Unterkunft endlich gefunden hatten, wollte der unverschämte Verwalter noch einen Aufpreis für das zweite und dritte Bettwäscheset. Das hätten wir angeblich nicht mitgebucht. Trotz der mitgebrachten Buchungsbestätigung auf der ganz klar stand das die Bettwäsche und Handtücher inklusive sind, redete er sich heraus, das wäre nur für eine Person inklusive. Klar, wir haben für drei Personen gebucht, aber Bettzeug ist nur für einen inklusive. Tolle Logik. Nach einer Weile brachen wir die Diskussion ab und einigten uns auf Zuzahlung einer Garnitur, und zahlten zähneknirschend im Voraus, sonst bekämen wir keinen Schlüssel. Unverschämtheit.

Unser angemieteter Luxusbungalow hatte etwa 3 x 3 m und war eine Gartenlaube, bei der man schon von außen sah, dass die letzte Renovierung wohl noch vor der Wende stattgefunden haben musste. Was uns innen erwartete verschlug uns sprichwörtlich und in wahrsten Sinne des Wortes die Sprache:

Schimmel und Modergeruch vom feinsten, als hätte man hier schon seit Monaten nicht mehr gelüftet. Wir haben schon in einigen "Absteigen" übernachtet und für eine Nacht war es immer in Ordnung. Allem voran fiel uns die Jugendherberge auf dem Kocher-Jagst-Radweg ein, aber selbst die versprühte noch einen Hauch Luxus und war wenigstens sauber. Das hier war das letzte und wir wären am liebsten gleich wieder abgefahren. Aber es war mittlerweile dunkel und die Aussicht auf ein freies Zimmer war gering. Da mussten wir nun durch.

Also schnell in den 100 m entfernten Wellnessbereich, in dem wir uns nicht trauten barfuß auf dem Boden zu laufen und wir anschließend uns fragten, ob wir vorher sauberer waren, und dann nix wie weg aus dieser Bruchbude und ab in die nächste Kneipe. Es wären heute Abend sicherlich einige Biere und vielleicht auch was härteres nötig um uns zu überzeugen, zum Schlafen wieder hierhin zurück zu kehren.

Zum Glück war unser Gasthof "Waterkant" ein willkommener Kontrast zu unserer Unterkunft. Leider komplett ausgebucht, wie uns ein Schild im Eingangsbereich informierte. Die Fischplatte, die Fischsülze und die Bedienung waren phantastisch uns so blieben wir, so lange wir durften, bevor wir uns wieder auf den Weg zurück in unsere Moderkammer machten. Wir wollten so früh wie möglich morgen wieder hier weg. Liebe Radfreunde, solltet Ihr je nach Freest kommen, macht um dieses Etablissement einen ganz großen Bogen.

 

 

 

2. Etappe von Freest bis Ueckermünde (100 Km)

Mit dem ersten Licht war an schlafen nicht mehr zu denken, außerdem waren in unserer Luxusabsteige alle Glasscheiben pitschnass angelaufen. Es lag ein ekelhafter Mief aus Schimmel, Moder, Fäulnis und Feuchtigkeit in der kleinen Hütte. Knapp 20 m³ Raumluft sind einfach zu wenig für drei Personen. Schnell wurde die Doppelflügeltür aufgerissen und die kühle frische Morgenluft hereingelassen. Raus hier, so schnell, wie möglich. Heute gab es nur eine Katzenwäsche light und dann packten wir in Windeseile unsere sieben Sachen in Rekordzeit zusammen. Keine halbe Stunde später standen wir vor dem Anwesen, was zugegebenermaßen von außen einen gepflegten Eindruck machte. Aber wir wussten es ja besser und da wir die Nacht heil überstanden hatten, schauten wir nach vorn, was für uns Abfahrt bedeutete.

Unter der aufgehenden Sonne fuhren wir durch Freest, vorbei an der Waterkant in Richtung Hafen und Strand. Dort war alles noch ruhig, nur die Möwen kreischten, als wir die Mole entlangfuhren. ES war idyllisch hier, der Himmel war klar aber mit einigen Wolken. Hafen und Strand hätten schöne Postkartenmotive abgegeben. Am menschenleeren Strand mit vielen Wasservögeln im Uferbereich konnten wir bei guter Sicht über das Spandowerhagener Wiek in der Ferne Penemünde und sogar Rügen sehen. Ein leichtes Magenknurren erinnerte uns daran, dass wir noch nicht gefrühstückt hatten. Für ein Fischbrötchen war es noch zu früh, obwohl eine erste Bude schon geschäftig klappernd die Möglichkeit dazu geboten hätte. Wir radelten bei einstelligen Temperaturen bis nach Kröslin, wo eine Bäckerei am Wegesrand mit frischen Kaffeeduft lockte. Im warmen Verkaufsraum gab es sogar ein paar Sitzplätze, so dass wir dort erst einmal frühstücken konnten.

Frisch gestärkt und motiviert machten wir uns auf den Weg und fuhren über Großernsdorf und Tannenkamp nach Wolgast. Dort radelten wir entlang einer kleinen Marina, wo schon einige Angler den frühen Sonntag in der Hoffnung auf einen Fang für ein leckeres Mittagessen nutzen und stießen dann auf den Peenestrom. Diesen mussten wir auf einer riesigen Hubbrücke schiebend überqueren. Weiter ging es durch Wald und über unbefestigte Wege über Mahlzow, Bannemin und Zinnowitz bis Zempin. Von dort an verlief der Radweg auf dem Deich direkt an der Ostsee entlang, die ab und an durch den dichten Streifen Wald unterhalb des Deiches blitzte. Das war Genuss Radeln pur! Endlich ergab sich die Möglichkeit auch einmal an den Strand zu fahren. Phantastisch. Blauer Himmel, blaues Meer, weiße Wolken und ein menschenleerer Strand mit verlassenen Strandkörben. Im Sommer sicherlich genau so schön, aber nicht so ruhig. Wir radelten weiter nach Kosorow und fanden auf einem Parkplatz einen Fischstand. Ein leckeres Fischbrötchen kam uns jetzt gerade recht.

Mit genügend Protein ausgestattet, ging es weiter über Kölpinsee, Ückeritz bis Schmollensee. Der Radweg verlief an einer vielbefahrenen Hauptstraße, auf der trotz Sonntagsfahrverbot bemerkenswert viele, hauptsächlich polnische LKW´s unterwegs waren. Die polnische Grenze war nicht weit entfernt und wir überlegten kurz, ob wir einen Abstecher dorthin machen sollten, entschieden uns aber schnell dagegen, das radeln in dieser Geräuschkulisse machte keinen wirklichen Spaß. Also bogen wir rechts ab in Richtung Usedom. Es ging mit mächtig Gegenwind über Pudagla und vorbei an der Neppermindr See und Neppermin bis nach Mellentin. Dort bogen wir erneut ab und folgten der schnurgerade verlaufenden Bundesstraße nach Usedom die wie eine Berg- und Talbahn anmutete.

Kurz vor Usedom holte uns der Regen ein und wir suchten erst in einer Bushaltestelle und dann in einem Ausflugs Café Schutz. Es schüttete wie aus Kübeln und wir kamen gerade noch rechtzeitig im Café an. Wir hatten Glück und erwischten noch einen freien Platz. Viele Sonntagsausflügler wurden, wie wir vom Regen überrascht uns taten es uns gleich. Wir nutzten die Pause für einen Kaffee und eine kleine Stärkung und dazu uns eine Unterkunft für den Abend zu suchen. Diesmal wollten wir ganz genau hinsehen, damit sich das Malheur vom Vortag nicht noch mal wiederholte. Wir wurden schnell fündig und suchten uns das Logenhaus in Ueckermünde aus. Die Fotos und Bewertungen waren vielversprechend und es gab einen Bäcker und ein griechisches Restaurant um die Ecke. Also worauf warten. Der Regen hatte aufgehört und die Sonne kam sogar wieder heraus. Also sattelten wir auf und weiter ging es bis nach Karnin. Laut Openstreetmap gab es dort eine Brücke über das Stettiner Haff bis nach Kamp. Die riesige Hubbrücke war schon weit vor Karnin zu sehen, aber der Radweg endete direkt am Wasser. Die Brücke war bereits im 2. Weltkrieg zerstört worden. Interessanterweise zeigten alle Karten auf Google und Co. eine Eisenbahnlinie über diese Brücke. Auch das Navi wollte gerne weiter fahren. Ging aber nicht. Zum Glück gab es eine solarbetriebene Fähre, die im Halbstundentakt zwischen Karnin und Kamp verkehrte.

Die Preise waren gesalzen, aber was tut man nicht alles für die Nachhaltigkeit. Immerhin konnten wir uns ausgiebig während der Wartezeit mit netten Radlern aus Niedersachsen austauschen, was das Warten um einiges angenehmer machte. An dieser Stelle liebe Grüße an die Hardegser Esel ;-)

Die Überfahrt war nicht nur wegen des Kapitäns und des Solarantriebs ein Erlebnis. So konnten wir auch die Hubbrücke noch einmal ganz nah betrachten. Sie war mittlerweile fest in der Hand von Möwen und Kormoranen. In Kamp angekommen zog der nächste Regenschauer auf und wir verabschiedeten uns von den Hardegser Eseln um zügig wenigstens ins nächste Ort zu kommen. Fehlanzeige. auf einer langen Gerade ohne Unterstellmöglichkeit erwischte uns das Wetter frontal von vorn. Wie Nadeln peitschte der Wind die Regentropfen ins Gesicht und dann fing es zu allem Überfluss auch noch an zu Hageln. Zum Glück hatten wir angesichts der Temperaturen uns schon morgens entschlossen in langer Kleidung und mit Regenjacke los zu fahren. Somit mussten wir da durch.

Glücklicherweise war der Spuk so schnell, wie er gekommen war auch wieder vorbei. Wir bogen links auf einen Damm ab und folgten einem Kanal mitten durch eine mystisch anmutende Sumpf- und Moorlandschaft. Trotz der durch den Regen aufgeweichten, unbefestigten Wegen ließ es sich noch einigermaßen gut fahren und wir machten Strecke durch das Vogelreservat. Hier und da, saßen einige Hobby-Ornithologen mit riesigen Teleobjektiven in Autos auf der Lauer. Auf unsere Frage, was es denn dort interessantes zu sehen gäbe, bekamen wir nur kurz "Löffler" zugerufen. Bei aller Anstrengung konnten wir die oder den Löffler aber nicht unter den tausend anderen Vögeln ausmachen. Also fuhren wir weiter schurgerade bis nach Bugwitz.

Ab hier ging es wieder durch Wiesen, Felder und durch den Wald über Leopoldshagen bis nach Mönkebude. Die Waldwege waren absolut genial, oft so schmal, dass wir mit unseren Packtaschen gerade so durch die Bäume passten und wie ein Slalomkurs schlängelten sich die unbefestigten Pfade durch den Wald. Man musste höllisch aufpassen, damit man nicht vom Weg abkam, aber es machte auch einen Heidenspaß mit ordentlich Tempo hier durch zu flitzen. In Mönkebude angekommen, fuhren wir durch den schönen Ort mit Reetgedeckten Häusern und Fachwerk bis zur Marina und zum Strand. Hier konnten wir noch ein letztes Mal auf dieser Tour Salzwasser erblicken. Wir genossen den Ausblick auf den schönen Strand und das Oderhaff, machten ein paar Erinnerungsfotos und brachen dann mit der schon tief stehenden Sonne auf nach Ueckermünde.

Wieder einmal verlief der Radweg schnurgerade entlang der Hauptstraße und wir spulten die letzten Kilometer über Grambin nach Ueckermünde. Kurz nach Grambin gab es noch einen idyllischen Kanal mit kleinen Booten. Auf dem Wasser spiegelten sich die Wolken und die saftig grünen Wiesen am Ufer machten diese Momentaufnahme perfekt. In Ueckermünde fuhren wir ohne größere Umschweife auf den Marktplatz um die letzten, wärmenden Sonnenstrahlen zusammen mit einer hausgemachten Hopfenkaltschale aus dem örtlichen Brauhaus zu genießen. Hier konnte man es gut aushalten. Auch unsere Unterkunft ließ nichts zu wünschen übrig und das zu einem Bruchteil des Preises unserer Bruchbude vom Vortag. Schöne Zimmer, XXXL-Bad und eine voll ausgestattete Küche entlohnten uns von den Strapazen des Tages und ließen uns den Fauxpas vom Vortag vergessen. Das Logenhaus in Ueckermünde ist wirklich zu empfehlen. Frisch und ausgiebig geduscht machten wir uns auf den Weg ins griechische Restaurant um die Ecke um den Tag ausklingen zu lassen. Jámas und Kalí órexi

 

 

 

3. Etappe - Von Ueckermünde bis Neustrelitz - (107 km)

Wir hatten gut geschlafen und die ersten Sonnenstrahlen weckten uns kurz nach sechs Uhr in der Früh. Es war noch ruhig in Ueckermünde, nur ein paar Schulkinder machten sich schon auf den Weg. Wir packten unsere Siebensachen und machten uns zeitig auf den Weg zum Bäcker. Nicht weit von unserer Unterkunft wurden wir fündig und frühstückten erst einmal ausgiebig um Kraft für die anstehende Etappe zu tanken. Heute sollte es bis Neustrelitz gehen. Wir starteten aus Ueckermünder heraus und fuhren die mit einem Mountainbiketrail vergleichbaren Waldwege bis zu einer ersten Abzweigung. Dort lichtete sich der dichte Wald und gab einen Wirtschaftsweg frei, der schurgerade durch den Wald führte. Ab und an war der Hinweis zu sehen, dass man die Wege aufgrund Munitionskontaminierung im Wald nicht verlassen sollte. So ging es ohne größere Veränderung bis Meiersberg und weiter über Ferdinandshof bis Heinrichtswalde. Dort konnten wir der geplanten Route wegen einer Baustelle nicht weiter folgen und entschlossen uns um den Galenbecker See zu fahren um dann bei Galenbeck wieder auf den geplanten Teil der Strecke zu stoßen. Unterwegs sammelten sich auf den Feldern schon unzählige Wildgänse um gemeinsam den Flug in den warmen Süden zu starten. Ihren Ruf konnte man kilometerweit hören und läutete unmissverständlich das Ende des Sommers ein.

Wir fuhren auf einer kilometerlangen Gerade auf einer wenig befahrenen Landstraße immer links in der Ferne der See und rechts unendliche Wiesen und Felder. Ab und zu huschten Rehe über die Straße und ein Teich unterbrach die Eintönigkeit. Am Ende der schier ewigen Geraden bogen wir links um den See ab und folgten weiter der Straße. Plötzlich gab eine Lücke im Uferbewuchs den Blick auf eine mystische Moorlandschaft frei. Abgestorbene Bäume ragten aus dem Wasser und reckten ihre kahlen Äste in den grauen Himmel. Es war eine Szenerie, die jedem Horrorfilm gerecht geworden wäre. Nachts wollte man hier sicherlich nicht spazieren gehen. Die vielen Wasservögel jedoch genossen ihre Ruhe in diesem Moor. Wir fuhren weiter bis Fleethof und bogen wiederum links ab um wieder auf unsere Route zu kommen. Zunächst ging es über schlammige, von großen Traktoren ausgefahrene Feldwege und dann leicht bergauf durch den Wald. Ein größerer Anstieg hatte es in sich, denn dieser bestand fast nur aus Sand und unvermittelt gab es Sandlöcher mit tieferem Sand. Man musste schon aufpassen um nicht zu stürzen. Dieser Weg mündete wieder auf eine Nebenstraße die von Galenbeck kam. Wir waren wieder auf der geplanten Strecke.

Diese führte uns vorbei am Brohmer Stausee und durch Brohm bis nach Schönbeck und dann leicht bergauf zunächst durch Wiesen und Felder und dann durch den Wald nach Eichhorst. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Überall waren die Scheunen und Höfe wohl noch die Überreste aus den VEB´s. Teilweise bewirtschaftet, aber auch andere die einfach verfielen. Weiter ging es vorbei an weiteren Zeitzeugen bis nach Glienke. Es war schon Mittag und wir hofften auf ein Café oder einen Imbiss. Fehlanzeige. Stattdessen zogen dunkle Wolken auf und näherten sich schnell. In der Nähe war schon die A20 zu hören und dort gab es so etwas, was nach Autohof aussah. Bis dahin wollten wir es noch schaffen. Vielleicht ergab sich hier die Möglichkeit eine kleine Stärkung zu bekommen. Auf halben Weg öffnete der Himmel die Schleusen und zeigte sein ganzes Repertoire. Binnen Minuten waren wir nass und zu allem Übel blies der Wind uns das Wasser von allen Seiten über. Zu guter Letzt hagelte es noch und dann, als wir endlich den Autohof erreichten hatte wohl irgendjemand den Hahn flugs zugedreht. Der Autohof hatte zwar ein Restaurant, aber das hatte schon Mittagsruhe, also fuhren wir weiter. Immerhin trocknete der Fahrwind wenigstens die nassen Sachen schnell wieder auf. Das kurze Stück bis Warlin, hatte es in sich. LKW an LWS reihte sich hinter unserem Konvoi ein und versuchte die kleinste Lücke zu waghalsigen Überholmanövern. Mindestabstand? Fehlanzeige! Unverantwortlich, das diese Strecke als Radweg ausgeschildert ist.

Schnell bogen wir nach Warlin ab und folgten dem Radweg durch den Ort um dann wieder links abzubiegen und auf einem nassen, unbefestigten Wirtschaf-Weg weiter zu fahren. Das kostete Kraft. Von weitem waren Maschinengewehre zu hören. Es musste wohl irgendwo ein Truppenübungsplatz sein. Aber unheimlich war das schon. Nach einiger Zeit kündigte sich der nächste Regenschauer an und wir schafften es gerade bis zu einem kleinen Unterstand aus Holz. Die zwei Bänke mit Tisch und Dach reichten gerade aus um uns ins Trocken zu bringen, für die Räder war kein Platz mehr. Auch wir wurden wieder nass, da der Wind den Regen unter das Dach blies und dieses keine Rinne hatte, also tropfte das Wasser in kleinen Rinnsalen vom Dach auf uns drauf. Begleitet von schallenden MG Salven machten wir uns wieder auf den Weg und fuhren vom matschigen Feldweg auf den Radweg, der an der Bundessstraße nach Neubrandenburg führte. Das machte keinen Spaß, Nieselregen, eine zweispurige Bundesstraße mit jede Menge Verkehr und auf dem Radweg etliche Radler, die sich vor dem nächsten Schauer in Sicherheit bringen wollten. Und wir mittendrin mit unseren Packtaschen. Zum Glück erreichten wir bald wieder ruhigere Wege und fuhren durch das Nord-Osttor dem sogenannten Friedländer Tor in den Neubrandenburger Besfestigungsring ein. Die Wehranlage stammt aus dem 13. Jahrhundert, hat zwei Wehrtürme und vier Stadttore und ist aus dem hier typischen roten Backstein erbaut.

Inmitten der Stadtmauern wurden wir endlich fündig und besuchten eine Einkaufspassage um Wasser zu kaufen und eine Kleinigkeit zu essen. Auch machten wir gleich unsere Übernachtung in Neustrelitz fest. Heute sollte es in eine Slube gehen. Ein Micro-Tiny-House gebaut aus großen Kanalrohren. Wir waren gespannt. Mittlerweile war wieder die Sonne herausgekommen und wir radelten aus Neubrandenburg heraus in Richtung Tollensee. Diesem folgten wir an seiner Ostseite bis Klein-Nemerow und weiter bis zur Bornmühle und Ahrendsdorf. Aufgrund der Tageszeit und der schon reichlich angehäuften Kilometer auf unserem Tacho entschlossen wir uns zu einer folgenschweren Abkürzung.

Statt dem empfohlenen Radweg um den Tollensee und Lieps zu folgen wollten wir den direkten Weg über Wirtschaftwege bis Blumenholz nehmen. Das hätten wir besser sein lassen. Zum einen ging es stetig bergauf und dann über Waldwege die mit großen Kieselsteinen als Kopfsteinpflasterersatz angelegt waren. Fahren ging nicht wirklich, aber schieben schon gar nicht. Mit unseren Metallhaken für die Klickpedale rutschten wir nur auf den nassen Steinen aus. Also ganz am Rand, da gab es einen etwa 15 cm breiten Sandstreifen, wo wenigstens ein bisschen fortkommen möglich war. Einziger Wehrmutstropfen war der grandiose Ausblick auf den Tollensee von der höchsten Stelle aus. Von da an ging es über Betonplatten und Kopfsteinpflaster wieder bergab durch den Wald. Eins war klar, das kostete unseren Navigator am Abend die erste Runde! Endlich unten angekommen empfanden wir es als absolut angenehm wieder einmal auf einer Straße zu fahren. Es ging wieder voran. Schnell erreichten wir Neustrelitz und fanden auch relativ schnell den Slube-Wohnpark in Nähe der Marina. Ein wenig erinnerte uns der Anblick zunächst daran, wie wir die erste Nacht verbracht hatten. Konnte man in diesen Röhren überhaupt schlafen? Und wenn ja wie, im Stehen? Es sollte sogar eine Dusche darin sein. Aber wo in diesem winzigen Ding? Wir hatten zwei dieser Slubes für die Nacht gemietet und warfen eine Münze, wer mit wem das bisschen Platz teilen musste. Der Einlass erfolgte über einen zugemailten Pincode. Die Tür öffnete sich mit leisem Click. Wir waren gespannt und gleich darauf sehr überrascht. Nach dem Motto: Platz ist in der kleinsten Hütte, hatten sich die Architekten ordentlich was einfallen lassen. Es gab tatsächlich gleich rechts vom Eingang eine, durch eine feste Tür abgegrenzte, recht große Dusche und darin hinter einem Duschvorgang eine Toilette. Aha, hier mal anders herum. Einziger Nachteil war das Waschbecken in der Dusche. Hier wurde alles nass. Aber wir mussten hier ja auch nicht putzen. Links vom Eingang war eine halbrunde Bank mit reichlich Sitzplatz angebracht und in der Ecke fand sich sogar eine kleine Nische mit Kaffeemaschine, Gläsern, Fön und sonstigem Equipment. Es gab auch einen ausklappbaren Tisch. Die Fußbodenheizung zauberte eine heimelige Wärem in das Slube. Über eine Leiter gelangte man in den 1. Stock, wo auf einer, durch Holzgeländer gesicherten, Plattform die Betten untergebracht waren. Überall gab es Haken, Steckdosen und Ablagemöglichkeiten. Zur Krönung gab es noch einen großen Flachbildschirm über dem Bett. Alles konnte per App gesteuert werden. Wir waren begeistert. Das hätten wir nicht erwartet. Einzig eine Frage beschäftigte uns: Wenn man hier nachts mal zur Toilette muss...

Nach dem Duschen ging es in die Stadt und wir wurden schnell fündig. In der Luisenstube bekamen wir deftige Hausmannskost und ein schönes kühles Blondes. Das erste ging auf die Rechnung unseres Navigators.

 

 

 

4. Etappe - Von Neustrelitz - Röbel/Müritz (102 km)

Wir hatten gut geschlafen, besser als gedacht und vor allem im Liegen. Es hatte über Nacht geregnet, aber nun zeigten sich die ersten Sonnenstrahlen. Die Fensterscheiben unseres Slubes waren beschlagen. Innen war es kuschelig warm, aber draußen, da machten wir uns keine Illusionen, waren die Temperaturen im unteren, einstelligen Bereich. Das zusammenpacken der Ausrüstung und der zum Trocknen aufgehängten Sachen gestaltete sich etwas schwieriger und erforderte exakte Absprache. Es war für zwei deutlich zu eng in dieser Röhre. Solange einer im Bad oder Schlafzimmer blieb, ging es dann aber ganz gut. Die fertig gepackten Taschen mussten nach draußen, damit wieder etwas mehr Platz war. Auf das Austesten der Kaffeemaschine haben wir verzichtet. Wir wollten uns gerne bei einer Tasse Kaffee entspannt zurücklehnen.

Im Packen unserer Räder hatten wir mittlerweile Routine und ruckzuck waren wir abfahrtbereit. Einen Bäcker mit Frühstücksangebot hatten wir schon am Vorabend entdeckt und so fuhren wir, vorbei an der Marina in die Stadt. ES wahr kühl aber die ersten Sonnenstrahlen wärmten und kündigten einen schönen Tag an. Nach einem leckeren Frühstück und zwei Tassen Kaffee starteten wir wieder in Richtung Zentrum um uns zunächst die Stadtkirche und das Rathaus von außen anzusehen. Danach ging es über Kopfsteinpflaster, was hatten wir das vermisst, wieder zur Marina und die Mole um einen Blick auf den schönen Zierker See zu werfen. Am frühen Morgen war hier so gut wie nichts los und wir hatten die schöne Aussicht exklusiv.

Wir folgten dem Radweg in Richtung Wesenberg, der uns zunächst vorbei am Schlossgarten und durch die schönen Uferanlagen führte. Vor einer Brücke über einen kleinen Kanal war Schluss. Es führten etliche, schmale Stufen nach oben und auf der anderen Seite wieder runter. Das war mit den vollgepackten Rädern nicht zu machen. Also wieder zurück und über einen Umweg wieder zurück auf die geplante Strecke. Diese folgte zunächst einer alten Eisenbahntrasse nicht weit entfernt vom See. Der versteckte sich hinter einer dichten Mauer aus Laubbäumen und blitze nur ab und zu einmal durch. Kurz vor dem Kammer Kanal mündete der Radweg auf eine Nebenstraße vor der wir nach ein paar Hundert Metern links auf einen Waldweg abbogen, der dann durch Wald, Wiesen und Felder verlief. Nach etwa 6 km trafen wir dann auf den Woblitzsee. Der Radweg führte immer am Ufer entlang, jedoch war vom See nicht viel zu sehen, da der dichte Blätterwald die Sicht versperrte. Unvermittelt brach die grüne Mauer auf und gab den Blick auf einen schönen Strand frei. Diese Gelegenheit ließen wir uns nicht entgehen und machten eine kleine Pause im wärmenden Sonnenschein. Wir waren ganz alleine und so konnten wir diese Idylle ausgiebig genießen.

Nach einem Müsliriegel und einem Schluck Wasser machten wir uns wieder auf den Weg weiter nach Wesenberg. Dort angekommen fuhren wir zunächst aufgrund der missverständlichen Radwegschilder in die falsche Richtung, was wir aber recht schnell merkten. Wir drehten um überquerten die Havel zum zweiten Mal und hielten uns Richtung Mirow. Wir radelten über Zirow schnurgerade entlang einer vielbefahrenen Landstraße. Die Aussicht bot wenig Abwechslung, Links und Rechts der Wald und dazwischen Straße und Radweg. Aber gut zum Kilometer machen. Also Kopf nach unten und Gas geben. Wir kamen gut voran bis unser Rad-Trio aufgrund eines Platten abrupt stoppen musste. Zum Glück am Vorderrad, das sollte kein Problem sein. Ein erster Flickversuch scheiterte, also tauschten wir kurzerhand den Schlauch gegen einen mitgebrachten Reserveschlauch aus und schon konnte es wieder weiter gehen.

Wir erreichten Mirow und fuhren bis zur Schlossinsel durch. Dort machten wir kurz halt, um vom Schlossgarten aus einen Blick auf den Mirowsee zu erhaschen. Danach machten wir uns auf die Suche nach einem kleinen Imbiss als zweites Frühstück. Den fanden wir in der Fischräucherei, direkt am Mirowsee, wo wir uns, bei herrlichem Sonnenschein im Außenbereich mit Blick auf den See, ein leckeres Räucherlachsbrötchen und ein Lübzer schmecken ließen. Nach dieser herzhaften Stärkung radelten wir entlang des Mirowsees in Richtung Müritz. Zunächst ging es weg vom See über Granzow und dann stießen wir auf einen gut ausgebauten Fahrradweg, der als Fahrradstraße und Fernradweg durch den Wald führte. Hier machten wir Strecke. Die Räder flogen geradezu über die Pflastersteine. In Null-Komma-Nichts hatten wir 15 km geschafft und waren in Zartwitz angekommen. Immer wieder gab es Regenschauer, von denen wir aber im dichten Wald nicht viel mitbekamen. Wenn es ganz schlimm wurde, fanden wir immer einen großen Baum unter dem wir trocken stehen konnten. Kurz vor Waren hagelte es sogar und rechts und links des Radweges blieben die erbsengroßen Hagelkörner als weißer Rand liegen. Ursprünglich wollten wir ja möglichst nahe am Wasser fahren. Aber das war echt schwierig, da es immer nur kurze Passagen waren die in einer Sackgasse endeten oder dann doch wieder weit vom Wasser weg führten. So waren wir aber auch besser vor den Launen des Wetters geschützt. Aber die Müritz ist groß und schon in Waren hatten wir die Gelegenheit die Binnenmüritz zu bestaunen.

Dort war gerade Markttag und zu den üblichen Touristen tummelten sich viele Marktbesucher, die Straßencafés waren alle voll besetzt und da sich der nächste Regenschauer ankündigte schoben wir die Räder über das Kopfsteinpflaster und durch das Getümmel in die Innenstadt. Am Marktplatz fanden wir gerade noch rechtzeitig einen Platz in einer urigen Kneipe und bestellten drei Mal Soljanka. Die heiße Suppe tat gut, während draußen gerade ein langer Regenschauer tobte. Wir hatten alles richtig gemacht!

Während es draußen schüttete, nutzten wir die Zeit um uns eine passende Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Diese hatten wir schnell in Röbel/Müritz gefunden. In der Haltestelle wollten wir heute übernachten. Doch zunächst waren es noch gut 35 km Kilometer bis Röbel und da der Regen aufgehört hatte machten wir uns auf den Weg. Als wir aus Waren herausfuhren kam auch die Sonne wieder heraus und wir radelten mit Genuss an der Müritz entlang. Im weiteren Verlauf führte der Radweg auch mal wieder in den Wald. Der Weg war durch den Regen ziemlich aufgeweicht und forderte volle Konzentration und Kraft. Kurz nach Klink hatten wir den größten Anstieg der Tour zu meistern. Hier ging es eine kurze, aber knackige Rampe hoch. Oben angekommen, bestaunten wir das Schild, das ein Gefälle von 18% anzeigte. Zum Glück stand das nicht unten, sonst wären wir gleich abgestiegen.

Oben angekommen wurden wir mit einer spektakulären Aussicht auf die Müritz belohnt. In einer geschützten Bucht hatten sich unzählige Wasservögel versammelt und machten einen Mords Radau. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter über Sembzin und Sietow nach Zierzow. Hier fuhren wir ein Stück entlang der Bundesstraße bevor wir wieder links in Richtung Müritz abbogen. Wir durchquerten Gotthun und kurz vor Hirschberg fuhren wir direkt an der Müritz entlang auf der sich ein wunderschöner Regenbogen gebildet hatte. Dieser blieb uns die letzten Kilometer bis Röbel erhalten und so konnten wir ein sehr stimmungsvolles Bild vom Hafen Röbel mit Kirche, Windmühle und Regenbogen einfangen.

Unsere Unterkunft lag auf der anderen Seite von Röbel, also durchquerten wir die ganze Stadt, was uns Gelegenheit gab schon mal nach einem Restaurant für den Abend Ausschau zu halten. Es waren einige Restaurants im Angebot, also verloren wir keine Zeit und steuerten unsere Haltestelle an. Wir hatten es gut getroffen. Großzügige, saubere Zimmer, sehr nette Vermieter und ein gut gefüllter Kühlschrank im Erdgeschoss. Sehr zu empfehlen.

Nach dem Duschen machten wir uns auf den Weg in die Stadt und wurden schnell bei einem Asiaten mit Buffett fündig. Das war jetzt genau das Richtige. Wir nahmen das Angebot "All you can eat" ernst und machten uns nach ein paar Büffetrunden und einigen Lübzern wieder auf den Rückweg durchs das stille Röbel. Generell muss man sagen, wenn man eine Radtour durch die neuen Bundesländer macht, man damit rechnen muss, dass die meisten Lokalitäten bereits um 20:00 Uhr oder spätestens 21:00 Uhr kein Essen mehr anbieten oder gar schon schließen. Wir blieben in diesem Zeitplan und schliefen an diesem Abend satt und glücklich ein. Nicht jedoch, ohne vorher den defekten Schlauch noch ordentlich zu flicken. Man weiß ja nie, wann der wieder gebraucht wird.

 

 

 

5. Etappe - Von Röbel/Müritz nach Parchim (73 km)

Am frühen Morgen wurden wir durch die ersten Sonnenstrahlen und den einsetzenden Verkehr geweckt, direkt vor unserer Unterkunft war wohl ein Kanaldeckel und jedes Auto, das darüber fuhr, brachte diesen zum Klappern. Also raus aus den Federn, schnell ins Bad und dann die Räder gepackt. Unsere Vermieterin hatte uns am Vortag eine gute Frühstücksmöglichkeit genannt und schnell waren wir wieder in der Stadt und saßen in der Kuchen und Tortenbar Röbel. Dort wurden wir mit einem wirklich hervorragenden Frühstück verwöhnt. Es gab sogar Rühreier und das Preis-Leistungs-Verhältnis passte auch. Frisch gestärkt radelten wir weiter über Wirtschaftwege, durch Maisfelder und an Entwässerungskanälen entlang. Wir fuhren über Bollewick bis nach Darmbeck. Es war recht frisch und wir fuhren im Schatten. Wir sehnten uns nach ein wenig wärmender Sonne und genossen diese, wann immer sie sich zeigte. Nach Leizen kreuzten wir die A19 und fuhren weiter an der Bundesstraße entlang. Nach ein paar Kilometern bog der Radweg nach rechts ab und war als "schlechte Wegstrecke" beschrieben. Das traf es ziemlich genau. Es war ein ausgefahrener Feldweg mit zwei Fahrspuren, in der Mitte hohes Graß. Schlaglöcher, Pfützen und am schlimmsten die großen Findlinge, die, wie aus dem Nichts, plötzlich aus dem Boden ragten. Zu allem Überfluss ging es auch noch bergauf. Wir hatten alle Mühe nicht zu stürzen. Nach dieser Tortur ging es wieder durch den Wald. Hier war es zwar auf dem feuchten Boden ziemlich rutschig, aber dennoch besser zu fahren als zuvor. Wir erreichten Rogeez und fuhren vorbei am Stuercher See bis Stuer. Dort bogen wir wieder in den Wald ab und folgten einem regelrechten Mountainbiketrail entlang den ersten Ausläufern des Plauer Sees. Die Strecke hatte es in sich, aber es machte auch einen Heidenspaß. Ohne Gepäck hätte es sicherlich noch mehr Spaß gemacht auf dem Rutschigen Boden über Rampen und Abfahrten zu schlittern. Einmal war sogar ein Baum umgefallen und versperrte den Weg. Wir mussten die Räder untendrunter durch bugsieren bevor es auf der anderen Seite wieder weiter gehen konnte.

Als wir aus dem Wald kamen ging es direkt am Plauer See entlang bis zu einem schönen Strand der zu einer kleinen Pause einlud. Wir streckten unsere malträtierten Beine auf einer XXL Liege aus und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen mit Blick auf den Plauer See. Phantastisch! Nach kurzer Rast fuhren wir am Plauer See entlang und erreichten über Plötzenhöhe dann Plau am See. Es war um die Mittagszeit, wir konnten eine kleine Stärkung gebrauchen und ein kleiner Fischladen lockte zur Einkehr. Wir konnten noch drei Plätze ergattern und treu nach dem Motto, wenn es voll ist, dann ist es auch gut, bestellten wir dreimal Backfisch und drei Lübzer. Es war gut. Sehr gut. Wer mal hier vorbei kommt sollte sich den Fischimbiss an der Hubbrücke über den Elbe-Müritzkanal nicht entgehen lassen. Frisch gestärkt ging es weiter über Barkow und Brook nach Lübz. Und wenn wir schon an Lübz vorbei kamen, dann wollten wir uns die Brauerei nicht entgehen lassen. Als bekennende Bierliebhaber sollte das eines unserer Highlights auf unserer Tour werden.

Leider war das recht unspektakulär, es gab weder einen Brauereiausschank noch einen Bierladen oder irgendetwas in dieser Richtung. Wir waren ziemlich enttäuscht. Trotzig gingen wir in den Getränkeladen gegenüber um wenigsten eine kühles Gerstehilfeset zu kaufen. Wir machten es uns auf der Mauer vor der Brauerei gemütlich und starten quasi unseren privaten Brauereiausschank. So, das hatten sie nun davon! Bei dieser Gelegenheit buchten wir gleich unsere Übernachtungsmöglichkeit. So wirklich Lust hatte keiner von uns mehr an diesem Tag noch weiter zu fahren, also buchten wir im 25 km entfernten Parchim eine Pension. Das war auch gut so, den der Offroadausflug am Morgen und drei Tage am Stück mit 100 km und mehr steckte uns doch ganz schön in den Beinen.

Von Lübz aus ging es dann über Beckendorf und Lancken durch Streuobstwiesen und Felder nach Stralendorf und Darze. Nach Darze bogen wir links ab und folgten dem Radweg wieder durch den dichten und dunklen Wald der bis kurz vor Parchim ging. Am Waldrand wurden wir auf ein Schild aufmerksam, dass erklärte, wie man sich im Fall einer Wolfs-Begegnung zu verhalten hätte. Wie, hier gibt es Wölfe? Hätte man uns das vorher gesagt, hätte sicherlich keiner von uns angehalten um in alles Seelenruhe das letzte Lübzer wieder los zu werden. Gut, wenn man nicht alles weiß.

Schnell erreichten wir vorbei am Wockersee die Stadt Parchim. Nach einigem Einbahnstraßen-geplänkel, dürfen wir hier jetzt rein oder nicht, erreichten wir den Marktplatz. Dort ließen wir uns im Außenbereich eines Cafés in der Sonne nieder um erst einmal eine schöne Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen zu genießen. Wir waren heute aufgrund der kürzeren Strecke früh dran und hatten keine Eile. In aller Ruhe fuhren wir zu unserer Unterkunft, packten die Räder ab und konnten ausgiebig duschen und auch mal mit den lieben zu Hause gebliebenen telefonieren. Die meisten Radreisenden legen alle 2 - 3 Tage einen Ruhetag ein. Wir fahren meist durch, da wir sowieso immer zu wenig Zeit haben. Mit unserer Unterkunft der Pension No. 9 in Parchim hatten wir wieder eine gute Wahl getroffen. Großzügige Räume, ein riesiges Bad mit Badewanne und getrennter Toilette und sogar eine Terrasse. Kann man nur empfehlen.

Frisch geduscht ging es in die Stadt und auf zum nächsten Griechen. Dort erwischten wir den letzten freien Platz und ließen uns unser wohlverdientes Abendessen schmecken. Anschließend ging es noch mal für einen Absacker ins Irish Pub, bevor wir den Heimweg antraten.

 

 

 

6. Etappe - Von Parchim nach Zarrentin (98 Km)

Nach einer ruhigen Nacht waren wir alle wieder recht früh wach und der Tatendrang trieb uns aus dem Bett. Routiniert, hatten wir die Räder gepackt und machten uns auf den Weg zur Bäckerei um ein energiespendendes Frühstück zu uns zu nehmen. Heute wollten wir bis nach Zarrentin, das waren wieder gut 100 km, also schon wieder ein kleiner Kraftakt. Nicht weit von unserer Pension wurden wir fündig uns wieder einmal wurden wir mit einem hervorragenden Frühstück und dampfendem Kaffee verwöhnt. Nach dieser Stärkung machten wir uns wieder auf den Weg.

Es wär nasskalt und bewölkt, aber die Aussichten versprachen einen schönen Tag. Wir radelten aus Parchim heraus und bogen am Wockersee nach links in Richtung Malchow ab. Kurz vor Malchow war die Straße und der Radweg gesperrt, jedoch zeugten etliche Fahrradspuren auf dem frischen Teer davon, dass man hier fahren konnte. Das konnte man. Aber nur ein Stück, dann wurden wir von den fleißigen Bauarbeitern wieder zurück geschickt, wir sollten bitte die Straße nehmen, das die Teerarbeiten noch in vollem Gange waren. Also reiten wir uns auf der Straße hinter den Baustellen-LKW´s ein und warteten geduldig, dass man uns vorbei winken würde. Der Bagger stellte kurz seine Arbeit ein und wir durften weiter. Es ging über Möderitz nach Malchow. Kurz hinter Malchow bog der Radweg rechts ab und folgte der Mürtiz-Elbe-Wasserstraße. Wir fuhren entlang des Kanals auf aufgeweichten, aber fahrbaren, unbefestigten Feldwegen am Waldrand entlang. Erste blaue Unterbrechungen der Wolkendecken spiegelten sich im scheinbar stehenden Kanal. Ab und zu war ein Schwan oder eine Ente zu sehen, ansonsten waren wir alleine. Wir überquerten den Kanal an der Schleuse in Garwitz und fuhren weiter über Matzlow bis nach Friedrichsmoor. Es ging durch Wiesen und Felder. Ab und zu war ein kleiner See oder auch einige Fischteiche auszumachen. Teilweise fuhren wir über die als Radweg ausgeschilderte Landstraße die mit schönen Eichen und Kastanien gesäumt war.

Das Wetter zeigte sich immer noch in langweiligem Grau und ab und zu fielen auch ein paar Tropfen. Wir strampelten durch ein zweites Mirow, was aber außer dem Namen nichts mit dem ersten gemein hatte, bis nach Banzkow. Hier lud eine schöne Galleriewindmühle, die zu einem Restaurant umgebaut worden war, zur kurzen Pause ein. Danach ging es wieder recht unspektakulär weiter über Plate und Consrade bis an den Schweriner See nach Mueß. Als hätten wir das so bestellt, riss hier endlich der Himmel auf und zeigte die Landschaft in schönsten Farben. Wieder sahen wir schöne, gepflegte Reetgedeckte Höfe mit Fachwerk und alten Obstbäumen im Garten. Es ging entlang des Sees, zum schönen Strand von Zippendorf. Von hier aus konnte man über das Wasser schon Schwerin mit seinen Türmen sehen. Es ging weiter Richtung Zentrum und schon bald hatte man einen tollen Blick auf das Schweriner Märchenschloss aus dem 15. Jahrhundert, welches auf einer kleinen Insel im See angelegt ist. Obwohl mitten in der Woche waren zahlreiche Touristen unterwegs, daher fuhren wir vorsichtig weiter um eine gute Position für ein paar schöne Bilder zu bekommen. Für eine Besichtigung reichte leider unsere Zeit nicht, daher fuhren wir weiter ins Zentrum, um einen kleinen Imbiss zu nehmen und dann unsere Fahrt fortzusetzten. In der Fußgängerzone wurden wir bei einem Metzger mit warmer Theke fündig und stärkten uns für die Weiterfahrt. Es ging wieder aus Schwerin heraus und wir konnten das Schloss noch einmal schön von der anderen Seite aus bewundern. Wir strampelten durch die Feldstadt über Marienhöhe nach Görries und dann nach Klein Rogahn. Der Radweg führt durch eine Allee von jungen Obstbäumen auf einer wenig befahrenen Landstraße. Wir erreichten Stralendorf und Walsmühlen

Immer entlang der Straße oder darauf fuhren wir durch Wiesen und Felder, am Waldrand vorbei bis nach Dümmer - das heißt wirklich so! - wo wir ganz in der Nähe des Dümmersees ein Kaffee für eine kleine Pause finden konnten. Nach dem, mit Abstand trockensten Gebäckstück aller gesamten Touren, und einer Tasse Kaffee ging es wieder los. Das Wetter hatte sich für Sonne entschieden und die Temperaturen waren erstmals so, dass man darüber nachdenken konnte, die dicken Jacken auszuziehen. Die Passagen durch den Schatten oder bergab überzeugten uns aber, dass sein zu lassen. Wir strampelten Kilometer um Kilometer durch die schöne Landschaft, ohne besondere Highlights ab. Es ging über Dümmerhütte, Parum und Dreilützow bis nach Wittenburg. Schon von weitem konnte man ein hoch aufragendes Konstrukt erkennen. Zunächst dachten wir an ein Zementwerk oder so etwas. Beim näher kommen, gab sich dieses Konstrukt als eine Indoor Skipiste zu erkennen. Ski-Alpin-Center war auch auf den Hinweisschildern zu lesen. Welch eine Energieverschwendung, ganzjährig alles herunter zu kühlen und künstlichen Schnee herzustellen. Wie wir später erfuhren, was die Halle auch bereit mehrfach in finanzieller Schieflage und wurde auch schon mehrfach verkauft. Wir hatten keine Lust auf Skifahren und fuhren lieber mit den Rädern weiter über Waschow, Bantin und Schaalmühle bis nach Zarrentin am Schaalsee. Schon am Eingang der kleinen Stadt hatten wir einen herrlichen Ausblick auf den See. Wir beschlossen zunächst eine Runde durch den Ort zu drehen um die Lokalitäten näher in Augenschein zu nehmen. Schon im Internet hatten wir gesehen, dass es nicht allzu viele Optionen gab. Erste Wahl ein Fischrestaurant direkt am See. Wir quälten unsere Räder erneut über übelstes Kopfsteinpflaster zum See. Am Restaurant angekommen, wollten wir für den Abend einen Tisch reservieren. Fehlanzeige, alles ausgebucht. Dieses Mal kamen wir leider zu spät. Alle Versuche noch irgendwo anders einen Platz zu finden scheiterten. Entweder war gerade Ruhetag, oder die Saison war vorbei und das Restaurant war geschlossen. In unserer Unterkunft, dem Hotel Garni Villa am Schaalsee erfuhren wir beim Einchecken, das es direkt am See noch einen kleinen Imbiss am Badestrand gab, der noch geöffnet hatte und wo man hervorragende Burger bekommen konnte. Ein Insidertipp. Das sollte uns vor der Dönerbude im Zentrum bewahren. Also schnell die Zimmer bezogen, duschen und los ging es zu Fuß. Es war ein Stück und wir mussten uns beeilen, denn wir sind immer noch in den neuen Bundesländern und der Imbiss sollte nur warmes Essen bis 19:00 Uhr anbieten

Das Strandbad lag idyllisch in einer kleinen Bucht direkt am See mit einer phantastischen Aussicht auf den See und die dahinterliegende Stadt. Wir nahmen auf der Terrasse Platz und bestellten. Hier gab es wirklich hervorragende Burger. Der Hotelier hatte nicht übertrieben. Dazu bestellten wir uns einen Biertower zu selbstzapfen. Wir waren mehr als zufrieden. Zwischendurch suchten wir uns noch eine Unterkunft für den nächsten Abend und wurden recht schnell im Roseneck/Lüneburg, einer privaten Pension. Nach einem netten Telefonat mit der Vermieterin waren wir einig und gegen das Versprechen auch leise zu sein, hatten wir die Unterkunft sicher. Langsam ging die Sonne unter und es wurde zunehmend kühl. Wir hatten unseren Tower geleert und wollten uns gerade auf den Rückweg machen, als ein älterer Herr nur bekleidet mit Badehose und Flossen in den Händen schnurstracks auf den See zuging. Der wollte doch nicht schwimmen, jetzt um diese Uhrzeit, und vor allem bei den Temperaturen? Es war gefühlt einstellig. Solange die Sonne noch schien, konnte man es gut im Freien aushalten. Aber jetzt? Wir hatten die Reißverschlüsse unserer Jacken schon bis ganz oben zugezogen und fröstelten trotzdem. Ohne Umschweife, ging der mutige Mann zügig ins Wasser uns kraulte mit mächtigen Zügen aus unserem Sichtfeld. Wahnsinn, nur die Harten, kommen in den Garten. Nix für uns. Wir machten uns auf den Rückweg und freuten uns auf einen Absacker im Hotel. Dort gab es einen schönen Gemeinschaftsraum und einen gut gefüllten Kühlschrank. Nach ein paar weiteren Lübzern gingen wir zu Bett und waren gespannt, was uns morgen erwarten sollte.



 

 

 

7. Etappe - Von Zarrentin nach Lüneburg (68 Km)

Wir hatten gut geschlafen und erstmals wurden wir durch den Duft von frisch gebrühtem Kaffee geweckt, der durch das ganze Hotel wehte. Ach ja, heute mussten wir uns keine Bäckerei suchen, heute konnten wir direkt an den gedeckten Frühstückstisch. Die Vorfreude darauf ließ uns nicht länger liegen und wir machten uns nach der Morgentoilette auf den Weg ins Erdgeschoss. Dort war schon das Frühstücksbüffet aufgebaut und ein Tisch mit drei Kaffeetassen ließ uns eindeutig darauf schließen, dass dies unser Platz war. Das Frühstücksbüffet war reichhaltig und es wurde uns sogar frisches Rührei zubereitet. Wir waren hungrig und machten regen Gebrauch vom Büffet. So konnte es gerne heute weitergehen. Hotel und Frühstück kann man empfehlen. Am Nachbartisch hatten sich drei Bundeswehrsoldaten in unserem Alter nieder gelassen. Soldaten im Hotel waren eher untypisch. Beim Aufsatteln der Räder bekamen wir dann die Erklärung. Die Herren waren auf einem längeren Marsch unterwegs, den sie gemeinsam jedes Jahr veranstalten, auch über mehrere Tage. Früher mit Zelt und mit zunehmendem Alter etwas bequemer. Also quasi StrampelMuse in Uniform und zu Fuß. Nach einem kurzen Plausch und einem Foto: "Radfahrer stillgestanden!" brachen wir zu unserer letzten Etappe auf. Heute wollten wir MVP endgültig verlassen und nach Niedersachsen wechseln. Lüneburg sollte unserer Endstation sein, da uns morgen unser Zug wieder von dort aus nach Hause bringen sollte.

Zunächst ging es entlang der Landstraße vorbei an riesigen Pferdeweiden bis nach Lüttow und dann nach Vallhun. Hinter Vallhun kreuzten wir die A24 und fuhren in einen dichten Wald. Hier wurden gleich zu Beginn auf die Populationen von freilebenden Wölfen hingewiesen. Also blieben wir schön dicht zusammen und fuhren nebeneinander her. Einige Pilzsammler waren wohl mutiger als wir, oder sie hatten die Schilder nicht gesehen. Wir strampelten bei bestem Wetter durch den stillen Wald. Inmitten des Waldes stand plötzlich ein Hinweisschild auf den Verlauf des ehemaligen Grenzstreifens auf dem wir nun fuhren. Die Strecke wird auch als Grenzradweg ausgeschildert. Diese Schilder sahen wir zum ersten Mal bei einer kurzen Pause kurz vor Langenlehsten. Dort bogen wir links ab und folgten dem Radweg durch den nächsten dichten Wald bis Bröthen. Bei Büchen querten wir den Elbe-Lübeck-Kanal und bogen links ab um diesem zu folgen. Nun ging es 12 km immer an diesem Kanal entlang. Einzige Abwechslung waren hin und wieder Partikulier Schiffe, die uns entgegen kamen oder die wir langsam überholten. Wir fragten uns, wie die breiten Schiffe auf dem schmalen Kanal wohl an einander vorbei kamen. Die Lösung ließ nicht lange auf sich warten. Es gab immer wieder, vor Schleusen oder auch mal so größere Seen, wo die Schiffe warteten bis wieder freie Fahrt war.

Es ging vorbei an Dalldorf und Basedow bis Buchhorst. Hier machte der Kanal eine leichte Biegung und endete bei Lauenburg in der Elbe. Wir verließen den Radweg und fuhren in die Altstadt, wo wir uns auf einer sonnigen Terrasse eines Ausflugslokals zu einer längeren Pause niederließen. Wir bestellten eine Kleinigkeit zu essen und ein Gertehilfeset. Am Ufer der Elbe liegt ein alter Schaufelraddampfer der "Kaiser Wilhelm" und eine Statue, der sogenannte Rufer, dem Wahrzeichen von Lauenburg. Auch die Elbstraße ist mit ihren alten Fachwerkbauten ein Hingucker. Das Kopfsteinpflaster eher für Radler mit Gepäck ungeeignet. Aber wir waren ja nicht nur zum Spaß hier.

Nach einer ausgiebigen Pause sattelten wir wieder auf und fuhren aus der Altstadt und über die große Elbbrücke nach Hohnstorf. Es ging auf oder hinter dem Elbdeich durch saftige Wiesen, die wohl im Hochwasserfall als Überflutungsfläche dienten. Überall gab es prächtige, rote Backsteinhöfe mit Reet, aber auch schon mit Ziegeln gedeckt. Aber immer mit den typischen Gevelteken, dem Giebelschmuck in Form von Pferden, Mustern oder sonstigen Symbolen. Kurz vor Artlenburg verließen wir den Deich und folgten dem Radweg entlang der Bundesstraße. Es ging über eine Hochwassersperrbrücke von der aus eine schöne Windmühle zu sehen war. Wir fuhren vom Radweg herunter zur Mühle und waren wieder auf dem Radweg, der wohl offiziell eine Schleife um den Ort und an der Mühle vorbei führte. Nun ging es direkt auf dem Deich am Elbe Seitenkanal entlang. Schnurgerade, kein Haus, kein Bau, nichts. Man hatte das Gefühl zu strampeln ohne voranzukommen. So ging es lange 8 km ohne Abwechslung. Der Weg war unbefestigt, aber gut zu fahren. Lediglich die spitzen Feuersteinfragmente die hier überall auf dem Radweg waren machten uns Sorgen und wir hofften auf unser gutes Material. Nach gefühlt unendlich Geradeausfahrt gegen den Wind kamen wir dann an der Schiffshebeanlage in Scharnebeck an. Hier wurden wir für die Geduld auf dem Radweg belohnt. Jeder Technikbegeisterte wird uns verstehen. Wir waren begeistert. So was hatten wir noch nicht gesehen. Das zur Bauzeit weltgrößte Doppelsenkrecht-Schiffshebewerk Scharnebeck wurde 1974 erbaut und bietet ein sehenswertes technisches Schauspiel. Es ermöglicht Frachtschiffen eine Höhe von 38 Metern zu überwinden. Zwei Tröge mit einer nutzbaren Länge von 100 Metern, einer Breite von 11,80 Metern und einer Wassertiefe von 3,40 Metern heben und senken die Schiffe um einen Höhenunterschied von 38 Metern. Ihr Gewicht beträgt mit oder ohne Schiff 6ooo Tonnen. An 480 Stahlseilen hängen 224 Betonschreiben, die als Gegengewichte dienen, damit Energie gespart werden kann. Das Einzelgewicht einer dieser Betonscheiben beträgt in etwa 26,7 Tonnen. Angetrieben wird die Spindel durch vier Elektromotoren. Der Hebe- und Senkvorgang dauert jedoch nur zwei bis drei Minuten.

Wir hatten keine Eile und schauten uns das Spektakel mehrere Male an. Absolut sehenswert. Allein die Fachwerkbauten orstellung, das der Kanal am Hebewerk endet und 38 m höher weiter geht, ist schon phantastisch. Wir fuhren die 38 Höhenmeter mit dem Rad hoch und schauten uns in Ruhe noch mal alles von oben an, bevor wir wieder die langweilige Fahrt entlang des Kanals aufnahmen. Zum Glück wurde unsere Geduld nicht zu lange auf die Probe gestellt. Bei Erbstorf bogen wir vom Deich rechts ab und rollten bergab in den Ort. Wir folgten dem Radweg durch Wiesen und Felder und durchquerten nochmal in einen kleinen Wald in dem wir auch noch eine doppelspurige Bundesstraße auf einer Brücke überquerten. Unvermittelt fuhren wir aus dem Wald und standen in Lüneburg. Wir folgten den Hinweisschildern in Richtung Zentrum und hatten schnell das Hafenviertel an der Ilmenau erreicht. Die Altstadt ist ein absolutes Muss: Hier befindet sich der von gotischen Backstein-Giebelhäusern umgebene Platz Am Sande und viele Gebäude stehen aufgrund des Jahrhundertelangen unterirdischen Salzabbau schief. Wir schoben unsere Räder durch die Straßen und waren begeistert. Hier gab es jede Menge zu sehen und zu entdecken. Lüneburg war definitiv die schönste Stadt dieser Tour. Wir staunten über Rathaus und dem Gebäude der IHK, waren fasziniert von den Treppengiebeln und den schmuckvollen alten Backsteingebäuden. Auf dem großen Platz am Sande fanden wir drei freie Plätze im Straßencafé und setzten uns dort für ein Stück leckeren Kuchen und eine Tasse Kaffee hin. Hätte sich noch die Sonne gezeigt, wäre alles perfekt gewesen. Aber auch so waren wir begeistert.

Nach unserer Verschnaufpause fuhren wir mit einsetzendem Nieselregen zu unserer Unterkunft die auf dem Kreideberg war. Nach kurzer Suche hatten wir das Roseneck gefunden und setzten den netten Plausch mit unserer Vermieterin vom Vorabend fort. Ganz begeistert war die Dame von unseren T-Shirts. "Ich bin der Motor" oder "Keine Gnade für die Wade" oder auch das "Gerstehilfset" welches Sie uns gleich anreichte waren Sprüche, die sie bislang noch nicht kannte. Wir bekamen eine kleine Einweisung und einen Lüneburg Crashkurs und verabschiedeten uns frisch geduscht zu Fuß in die Stadt. Erstes Ziel war die Lüneburger Kronen-Brauerei von 1485. Dort wollten wir das dort gebraute Bier probieren und die Gastronomie versprach delftige Hausmannskost. Wir hatten online einen Tisch bestellt und schoben uns zwischen dem Nachtwächter, der hier gerade mit Touristen einen Stadtführung machte, und einigen Touristen in den Schankraum. Guten Tag, wir haben online gebucht, 3 Personen auf dem Namen... Leider war wohl das Internet in Lüneburg nicht so schnell. Von einer Reservierung wollte die nette Bedienung nichts wissen. Aber sie hatte ein Herz für durstige Radler und frei nach dem Motto: "Der A.... tut weh, die Füße stinken, höchste Zeit ein Bier zu trinken" bekamen wir doch noch einen Platz in Thekennähe. StrampelMuse in Paradise.

Nach dem Essen und der zweiten Runde Kronenbier wollten wir noch mehr von Lüneburg und seinen Kneipen sehen. Also verließen wir die Kronebrauerei und schlenderten durch die Stadt. Wir wurden auf ein Irish-Pub aufmerksam. Kurzer Check bei Google. Hier sollte es später noch Live-Musik geben. Also rein. Wir waren die einzigen Gäste, aber es war ja auch noch früh. Wir bestellten englische Bierspezialitäten und schauten auf einen der zahlreichen Großformat TVs, die hier überall aufgehängt waren. Hier war es nicht so prickelnd. Es gab zwar eine Bühne, aber von Livemusik war hier nichts zu sehen. Wir tranken aus, verließen das Pub und schlenderten in Richtung Hafenviertel. Hier war heute Mittag schon jede Menge los und wir wurden nicht enttäuscht. Es gab noch ein Irish Pub und dieses Mal war es auch das, was mit Live-Musik warb. Wir zahlten unseren Eintritt und setzten uns an einen Tisch in Nähe der Bühne. Hier war der Teufel los und wenn es voll ist, dann ist es auch gut. (Alte StrampelMuse Weisheit) Die erste Bestellung kam und die Livemusik begann. Der Künstler, ein gewisser Tom Bark, spielte Gitarre und sang dazu. Aber das so gigantisch. Wir waren hin und weg und sangen von Anfang an mit. Nicht zu letzt, da jeder Song genau unseren Geschmack traf. Die Stimmung war am überkochen. Auch als zwischenzeitlich eine Gitarrensaite riss, hörte Tom nicht auf sondern sang a Capella weiter, bis die Saite ausgetauscht war. Er spielte mehr als eine Stunde am Stück und als er kurz Pause machte, übernahm der Chef die Gitarre und spielte weiter. Auch das konnte sich sehen und hören lassen. Top. Nach unzähligen Songs und einigen Runden fanden wir, dass wir unseren Abschluss der Tour gebührend gefeiert hatten und machten uns schweren Herzens auf den Rückweg. Hier hätten wir es noch lange ausgehalten, aber die Vernunft siegte. In der Pension angekommen erinnerten wir uns an das Versprechen leise zu sein und schlichen auf Zehenspitzen in unser Zimmer. Wow, was für eine Tour, was für ein Abschluss. Alles richtig gemacht. Morgen sollte es nach Hause gehen und wir freuten uns nach acht kilometerträchtigen Tagen unsere Lieben wieder zu sehen. Mit diesen Gedanken schliefen wir ein, begleitet vom Regen der an die Scheiben klopfte.

 

 

 

8. Etappe - Von Bad Kreuznach nach Wonsheim (16 Km)

Am nächsten Morgen hatte der Regen die Kopfsteinpflasterstraßen schwarz gefärbt. Hier mussten wir später aufpassen, damit wir nicht noch zum Schluss einen Sturz riskierten. Geweckt vom Kaffeeduft der sich aus dem Erdgeschoss bis unter das Dach verbreitete, waren das die ersten Gedanken an diesem Morgen. Begleitet von leichten Kopfschmerzen, absolvierten wir unsere Morgentoilette und freuten uns auf eine Tasse Kaffee, die wir sogar von unserer netten Vermieterin bis aufs Zimmer gebracht bekamen. Überhaupt war der Frühstückstisch in unserem Zimmer reichlich gedeckt. Unsere Vermieterin hatte sogar noch etwas selbstgemachten, frischen Matjessalat aufs Tablett gestellt. Lecker. Wir frühstückten ausgiebig und plauschten noch ein wenig mit unserer Vermieterin. Das Haus Roseneck liegt etwas außerhalb auf dem Kreideberg in einer ruhigen Nebenstraße und ist absolut empfehlenswert. Gelassen beluden wir die Räder und mussten noch einmal für das kurze Stück zum Bahnhof die Regensachen drüber ziehen, da es nun konstant und kräftig regnete. Wir verabschiedeten uns von unserer netten Vermieterin und machten uns vorsichtig über das nasse Pflaster auf den Weg zum Hauptbahnhof. In wenigen Minuten hatten wir diesen Erreicht und standen auf dem Bahnsteig. Da wir ursprünglich schon ab Hitzacker fahren wollten, hatten nun noch eine Menge Zeit um uns mit Reiseproviant zu versorgen. Der ICE kam einigermaßen Pünktlich und wir freuten uns noch ein wenig Schlaf nachholen zu können. Als wir zwischendurch unseren Anschlusszug auf Pünktlichkeit checkten, weil der ICE aufgrund technischer Probleme schon Verspätung hatte, stellten wir fest, dass unser Anschlusszug nicht mehr existierte. Wir warteten auf die Zugbegleiterin um mehr Informationen darüber zu erhalten. Die Dame war nett und bemüht, aber mit dieser Aufgabe überfordert. Es war kein vernünftiger Anschluss zu finden. Also konnten wir von mehr als einer Stunde ausgehen, die wir später zu Hause sein sollten.

Mehre Versuche eine Alternative zu finden scheiterten. Die Zugbegleiterin gab genervt auf und riet uns: "Googeln Sie doch mal, sie haben nun ja genug Zeit". Eine äußerst sowohl qualifizierte, als auch zielführende Aussage. Dankeschön. In diesem Leben werden StampelMuse und die Deutsche Bahn keine Freunde mehr. Wir machten uns selbst daran unsere Route zu planen. Es gab mehre Möglichkeiten, entweder in Frankfurt die S8 nach Mainz, hier hatten wir gerade 6 Minuten um vom Gleis in den Tiefbahnhof zu kommen, oder mit der Regionalbahn über Wiesbaden nach Bad Kreuznach, dafür war unser Ticket aber nicht gebucht. In Frankfurt angekommen schafften wir das Wunder in den Tiefbahnhof zu kommen und standen am Gleis. Als die S-Bahn nach Mainz einfuhr, war sie brechend voll und es war nicht möglich auch nur ein Fahrrad in den vollbesetzten Wagen zu bekommen. Keiner der Reisenden nahm auch Rücksicht auf uns Radler. Also fuhren wir mit dem Aufzug wieder zähneknirschend nach oben und warteten auf die Regionalbahn nach Wiesbaden. Wir ließen es darauf ankommen. Als der Zug einfuhr, war es ähnlich, wie bei der S-Bahn. Keiner wollte uns mit den Rädern in den Wagen lassen. Dieses Mal setzen wir uns durch. Wir waren drin, der Zug fuhr los und wir wurden bis Bad Kreuznach nicht kontrolliert. Alles richtig gemacht! Von Bad Kreuznach fuhren wir dann, die schon so oft gefahrene Strecke, über Bosenheim, Pfaffenschwabenheim und Badenheim bis Wöllstein und dann über Eckesheim nach Hause. Es regnete leicht als wir in Wonsheim einfuhren. Am Ende waren es über 630 km. Unsere längste Tour bislang. Darauf waren wir natürlich ein wenig Stolz. Mal schauen, wohin es uns im nächsten Jahr führen wird.

Ende der diesjährigen Tour.

Viele Grüße Eure StrampelMusen

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